Balleimer? Ja, das sind die Typen, die da so lahmarschig am Tisch stehen, ein paar Bälle in die Hand nehmen und sie einem zuspielen. Ein easy Job, denn die stehen ja nur da, müssen sich nicht bewegen und können einfach die Bälle aus dem Schüsselchen nehmen, ein totaler Schokoladenjob, wohl eher für diejenigen gedacht, die es sonst mit dem Spielen nicht so ganz drauf haben… Hat wahrscheinlich fast jeder schon gedacht, vielleicht sogar unsere YSZ Trainertruppe (Sandra, Arno R., Dominik Moser, Jörg, Julian, Nemo und Samir), die sich an einem Samstagmorgen im Balgrist für ein eintägiges Trainertraining einfand.

 

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Aber wir wurden eines Besseren belehrt, und zwar von niemand Geringerem als Jiashun Hu, seines Zeichens ehemaliger chinesischer Spitzenspieler und bis vor kurzem noch an der Spitze des Schweizer Rankings. Dass er gut Tischtennis spielt, war landläufig bekannt, aber dass er dann auch noch eine derartige Show am Balleimer abziehen würde, kam dann doch überraschend, denn den meisten von uns war nicht bekannt, dass er auch eine lange internationale Trainerkarriere hinter sich hat.

 

Der Anfang fing vermeintlich einfach an: einfach mal Bälle mit Konter auf die Gegenplatte bringen. Hallo, für uns Bewegungstalente und Superspieler doch ein Kinderspiel! Na, na, aber nicht nach vier Bällen eine Pause einlegen, das muss kontinuierlich sein! Die Bälle nach unten abtropfen lassen, damit man die Bälle immer flach und realistisch bringen kann! Und nun ein bisschen schneller, der Spieler soll sich ja bewegen müssen! Und klar, immer schön lang hinten an die Linie! Und jetzt dorthin, wo der Spieler nicht steht, da muss man natürlich auf den Spieler schauen, nicht auf die Bälle!

 

Unsere Truppe war schon bei der ersten Übung heillos überfordert, wir kamen uns vor wie der Fahrschüler bei der ersten Fahrstunde – zu viele Variablen auf einmal, Kupplung und Gas und Schaltung passten nicht ganz zusammen! Ach ja, dann kam noch jenes kleine Detail, dass man auch noch den Spieler beobachten sollte, dem man die Bälle zuspielte, damit man korrigierend eingreifen konnte..! Schön war zu erfahren, dass es in China Balleimerprofis gibt, die den ganzen Tag nichts anderes machen. Nicht dass das nun unser Ziel wäre, aber wir fühlten uns schon ein bisschen weniger doof. Wir lernten an dem Tag zunehmend schwierigere Übungen sowie mehr und mehr Balleimerformen, mit Unterschnitt, direkt per Topspin, dann den Körper am Tisch bewegen und verschieden platzieren.

 

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Nach den Grundübungen am Morgen gab es eine Mittagspause, die reichlich grosszügig bemessen schien. Als wir nach gefühlten 50 Minuten Fussmarsch aber im Geheimtipp-Restaurant von Julian am anderen Ende von Zürich ankamen, wussten wir, warum die Pause länger sein musste..! Aber zugegeben, das Essen war lecker, doch nach dem langen Rückweg hatte man bereits wieder Hunger!

 

Der Nachmittag stand dann ganz im Zeichen der praktischen Anwendung: 6 Junioren unseres Samstagstrainings bei Markus stellten sich den Balleimerlehrlingen zur Verfügung und wurden ordentlich ins Schwitzen gebracht. Na also, sooo macht Balleimertraining Spass, wenn man die Spieler an ihre Grenzen bringen und von einer Ecke in die andere hetzen kann. Es ging noch immer einiges schief, aber man merkte doch, dass spezifische Übung mit dem Balleimer die Fertigkeit der Trainer schult, mit jedem Durchgang lief es runder und am Ende fielen uns die Bälle schon gar nicht mehr aus den Händen.

 

Um 16:30 waren dann sowohl die Junioren wie auch die Balleimertrainer am Ende ihrer Kräfte- Der Balleimer brachte die Trainer an die Grenzen ihrer Konzentrationsfähigkeit, aber alle waren glücklich und zufrieden mit dem Neuerlernten. (Da wussten die Trainer allerdings noch nicht, dass sie noch die sinnlos schweren neuen Tische zusammenbauen und hoch schleppen mussten, aber das ist eine andere Geschichte.)

 

Sicherlich wird der ganze Club von der Professionalisierung unseres Balleimertrainings profitieren. Ein grosses Dankeschön geht deshalb an Jiashun Hu, der das Training wunderbar und spannend geleitet hat und uns in die Geheimnisse der chinesischen Balleimerkunst einführte. Danke auch an Julian, der die Idee hatte und den Tag organisierte. Und last but not least ein herzliches «Danke!» an die beiden entzückenden Damen, die Jiashun als Assistentinnen mitgebracht hatte: Seine beiden Töchter Enya und Elodie waren nicht nur der Sonnenschein in der Halle mit ihrer guten Laune, sie sammelten an dem Tag auch so gegen 2500 Bälle zusammen und das ganz freiwillig.

 

Text: Jörg Funk